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FishLove

Auch Fische brauchen Liebe

Wie erzeugt man Mitgefühl für Lebewesen, bei denen die meisten nur an Fischstäbchen denken? Die Kampagne Fishlove schaffte dies mit der Unterstützung von Prominenten, und auch die beteiligten Fotografen gaben ihr Bestes, um ausdrucksstarke Bilder zu schaffen. FOTO HITS schaute hinter die Kulissen.

Im Gegensatz zu Robben-Babys bekommen Fische nur wenig  Anteilnahme. Dafür fehlen ihnen Plüschfell oder Kulleraugen. Die Fotokampagne „Fishlove“ soll dies ändern. Nicholas Rohl und die Schauspielerin Greta Scacchi riefen sie 2009 ins Leben, um damit auf die mehr als problematischen Fischereipraktiken aufmerksam machen, die unsere Meeres-Ökosysteme zerstören. Seither ist es ihnen zunehmend gelungen, das Thema Überfischung weltweit auf die Titelseiten großer Medien zu bringen. 

Eine Idee taucht auf

Das Grundproblem der Kampagne war, dass die Ziele wenig fotogen sind: Fische, die in großem Stil gefangen werden, um unser aller Appetit zu stillen. Der Grundstein für die Kampagne wurde ausgerechnet in einem Fischrestaurant gelegt. Nicholas Röhl erzählt: „Das Problem präsentierte mir eines Tages Charles Clover, als ich 2009 im Moshimo saß, einem japanischen Restaurant in Brighton, das ich zusammen mit Karl Jones besitze. Er kam wegen unserer Arbeit für nachhaltigem Fischfang zu uns, da er unsere Hilfe benötigte, um seinen wegweisenden Film ,The End of the Line‘ über diese Krise herauszubringen.

Die Lösung bestand darin, eine Serie eindrücklicher Aufnahmen gefeierter Persönlichkeiten zu schaffen, die Zwiesprache mit einem Fisch halten. Es gab viele Diskussionen darüber, ob wir den  Bildern Slogans  beifügen. Doch obwohl die deutsche und niederländische Kampagne vom Hashtag #EndOverfishing begleitet wurde, widerstrebte es uns stets, von der ursprünglichen Idee abzurücken. Die Kraft von Fish­love  speist sich aus der Bestürzung, einen Menschen zu sehen, der einen Fisch an seine nackte Haut presst. Wir Menschen sind emotional an Säugetiere gebunden und unter den Wasserlebewesen höchstens an Wale oder Delfine. Fische dagegen zählen für die meisten nur als  Meeresfrüchte. Deswegen fühlen sich Betrachter unbehaglich – es geht weniger um die Nacktheit, sondern die Tatsache, dass Menschen einen Fisch knuddeln. Fish­love will in den Köpfen etwas bewegen, damit auch Fische als Lebewesen mit einem Gesicht betrachtet werden“, sagte Nicholas Rohl im Gespräch mit FOTO HITS.

Interview mit Olaf Blecker

FOTO HITS: Warum entschieden Sie sich im Gegensatz zu anderen Fotografen für Farbe?

Olaf Blecker: Schwarz-Weiß kann man als die reinste Form der Fotografie sehen, nicht zuletzt weil darin ihre Anfänge liegen. Doch in diesem Fall empfand ich Farbe als ein Muss. Die Fische sind ebenso wichtig wie die Personen, die sie halten. Die wenigen, aber in machen Fällen lebhaften Farben sollten sichtbar sein, damit beide Motivbestandteile im Bild prominent herauskommen. 

FOTO HITS: Trotz allen Engagements – kein Model ist darauf erpicht, kalte Fische zu umarmen. Wie motivierten sie diese?

Olaf Blecker: Ich spreche mit ihnen vor dem Anfassen, beispielsweise malte ich Erinnerungen und Erfahrungen aus. Zudem dachte ich darüber nach, was ihnen unangenehmen sein könnte. Doch Katja, Benno and Christiane sind erstaunliche und nicht zuletzt erfahrene Schauspieler.  Ihre natürliche Verspieltheit erleichterten die Zusammenarbeit. 

FOTO HITS: Wie sah die technische Seite aus?

Olaf Blecker: Bei Christiane Paul etwa stand eine Oktabox auf der rechten Seite und als Fülllicht benutze ich eine Durchlichtschirm. Dazu kamen viel Molton-Stoff und Styroporplatten und Jahre der Erfahrung.

Den Glanz der Fische bezogen mein Team und ich bewusst in das Lichtkonzept ein. Schon im Voraus mussten etwa die Richtung des Lichts oder Diffusoren eingeplant werden. Doch angesichts des naturgegebenen Schimmerns bearbeitete ich manches auch nachträglich.

Rohl ist hinsichtlich de Bildwirkung überzeugt: „Die kreative Schubkraft des Projekts resultiert aus seiner Einfachheit. Es wird einem nie langweilig, Porträts zu betrachten. Das gilt umso mehr für das Poträt eines Nackten, der einen Fisch hält. Zwangsläufig wird jedes einzelne davon einzigartig und interessant sein. Tatsächlich brachte jeder Fotograf trotz der strikten Vorgabe radikal andere Bilder hervor. Manche finden sie anstößig, andere schockierend. Aber die Fragen bleiben: Was bedeutet dieses Bild? Warum ist die Person nackt? Und warum hält sie einen toten Fisch?“

Die Idee schlug zunehmend höhere Wellen. Aus England schwappte sie weiter in die USA und nach Europa. Für Deutschland etwa koordiniert die Deutsche Umwelthilfe die europäische Kampagne Our Fish, die nachhaltige Fanggrenzen auf der Grundlage wissenschaftlicher Empfehlungen festlegen will. Zudem soll die Überwachung und Dokumentation aller Fänge sicherstellen, dass Fangflotten den entsprechenden Nachweis erbringen. Dafür machen sich zahlreiche hiesige Prominente stark: Benno Fürmann, Nina Hoss, Vicky Krieps, Christiane Paul, Katja Riemann und Tom Wlaschiha ließen sich nackt mit einem Fisch ablichten und warben so für eine nachhaltige Fischereipolitik.

Was tun?

Petition unterschreiben

Fast alle auf den Fotos gezeigten Fische werden kommerziell befischt, obwohl Wissenschaftler einige dieser Arten als bedroht ansehen. Der einfachste Weg, dagegen zu protestieren, ist die Online-Petition zu unterschreiben.

https://save.our.fish/petition

Auf Gütesiegel achten

Zwei Gütesiegel setzen mehr oder weniger strikte Standards. Beim Einkauf kann man sich am Logo des Marine Stewardship Council (MSC) für nachhaltigen Fischfang und das des Aquaculture Stewardship Council (ASC) orientieren. Zwar wird der MSC kritisiert, weil etwa das Fischen mit Grundschleppnetzen, die den Meeresboden zerstören, nicht zu den Ausschlusskriterien gehört (nachzulesen etwa bei der Stiftung Warentest 04/2018. Doch setzt man zumindest ein Zeichen.

Fischratgeber installieren

Greenpeace etwa fasst zusammen: Auf Aal, Alaska-Seelachs, Rotbarsch und Makrele sollten Verbraucher zurzeit verzichten, weil die Arten gefährdet sind. Ohne Bedenken darf man momentan Karpfen, Hering und Wels verspeisen.

Der Greenpeace-Fischratgeber gibt Antworten darauf, welcher Fisch guten Gewissens auf den Teller darf. Dazu liefert er Informationen zu mehr als 100 Speisefischarten. Erhältlich ist der Ratgeber als App (Apple App-Store und Google Play-Store) und per pdf-Download.